DRP Audioguide

Thema Amiga 1000 Das Grafikwunder

Spielzeit: 9:51 Minuten Sprecher: Guido Klein

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Inhalt

1985 präsentierte Commodore seinen Amiga in New York mit großem Brimborium in einer beeindruckenden Show unter anderem mit dem Künstler Andy Warhol, dem staunenden Publikum. Die deutschte Präsentation, ein Jahr später in Frankfurt am Main, moderiert von Frank Elstner hingegen, fiel deutlich sachlicher aus. Die Wahrheit, wenn man sich dieses System betrachtet, liegt wohl irgendwo dazwischen.

Für die Mitte der 80er Jahre war der Amiga revolutionär. Er kennt, im vergleich zu vielen anderen Computern dieser Tage, keinen expliziten Textmodus. Alles, was auf dem Bildschirm dargestellt wird, und sei es auch nur einfacher Text, ist stets Grafik. Und Grafik bildet auch den Grundstein der benutzerfreundlichen Bedienbarkeit des Amigas. Musste man bei anderen Computern noch komplizierte Syntax-Befehle auswendig kennen und per Tastatur eintippen, so kann man mit dem Amiga ganz einfach und intuitiv zur Maus greifen. So ist es nur passend, dass sich das graphische Interface „Intuition“ nennt, auf dessen Basis viele Programme, allen voran die bekannte Workbench laufen. Man hat Piktogramme, die man mit einem einfachen Mausklick markieren, mit gedrückter Maustaste verschieben und per doppelklick starten bzw. öffnen kann. Es gibt Fenster, die sich überlappen können und deren Größe und Position durch den Anwender frei gestaltet werden können. Dazu kommt eine kleine Grundausstattung mit Anwendungsprogrammen, wie einem simplen Texteditor oder einem Taschenrechner. Es braucht wirklich keiner langen Einarbeitungszeit, bis man mit der Bedienung des Amigas warm wird. Einer seiner größten Vorteile ist jedoch das präemptive Multitasking. Was wir heute als Selbstverständlichkeit hinnehmen, nämlich das mehrere Prozesse gleichzeitig im Computer ablaufen können, war damals eine Sensation. Die damaligen PCs etwa, ausgerüstet oftmals mit Microsoft DOS, waren allesamt single Task Systeme. Lief also ein Prozess, sprich ein Programm, konnte zeitgleich kein zweites laufen. Dies führte zu langen wartezeiten. Druckte man etwa ein Dokument aus, so war ein nicht-multitasking-fähiges System so lange blockiert, bis das Dokument komplett ausgedruckt war. Bis es auf PC Seite ein vergleichbares System gab, mussten noch etwa 10 weitere Jahre ins Land gehen, denn erst Windows 95 (bzw. im Profibereicht Windows NT) beherrschten ebenfalls das präemptive Multitasking. Was soll das nun mit diesem Präemptiv? Zuvor gab es bereits die sogenannten kooperativen Multitasking-Systeme, wie es etwa der Atari ST anbietet. Hierbei funktioniert das Multitasking auf Basis der laufenden Prozesse. Diese melden dem Betriebssystem zurück, wann sie fertig sind und dann wird ein anderer Prozess aufgerufen. Dies ist eine sehr einfache und ressourcenschonende Möglichkeit Multitasking umzusetzen und wurde häufig eingesetzt. Prominente Beispiele hierbei sind auch die Windows 3 Variationen. Nachteilig ist jedoch, dass es nur eines nicht-kooperativ programmierten Prozesses bedarf um die gesamte Multitasking-Fähigkeit zu kippen. Beim präemptiven Multitasking hingegen behält das Betriebssystem stets die Kontrolle und weißt den einzelnen Prozessen Prozesszeiten zu. Diese Art des Multitaskings hat sich bis heute durchgesetzt. Ist zwar aufwändiger zu programmieren und erfordert eine entsprechende Hardware, läuft dafür jedoch zuverlässiger. Zurück zum Amiga. Das System basiert auf Motorolas 68000er Prozessor, der, je nach eingesetzter Fernsehnorm, mit entweder 7,09 oder 7,16 Mhz getaktet ist. Für genauere Infos zum Thema Fernsehnorm und Amiga hört Euch bitte den Audioguide zum Amiga 2000 an. Im Konkurrenzprodukt, dem ST von Atari, läuft er mit runden 8 Mhz. Bereits 1979 auf den Markt gebracht, war der 68000er mitte der 80er Jahre im Preis bereits soweit gefallen, dass er nun erstmals in Cosumer-Computern zum Einsatz gebracht werden konnte. Es handelt sich um einen 32-bit Prozessor, der extern einen 16-bit breiten Datenbus hat. Damit unterscheidet sich der Prozessor klar von den bisherigen 8-bit CPUs, wie etwa dem Zilog Z80, dem MOS 6510 oder Intels 8088er. Ab Werk hat der Amiga 256 KB Arbeitsspeicher, als ChipRAM, auf der Hauptplatine verlötet. Obligatorisch ist die zusätzliche 256 KB Speichererweiterung, die sich frontseitig mittig unter der Kunststoffverkleidung versteckt. So kommt der Amiga also auf ein halbes MB Arbeitsspeicher in Summe. Wozu die Betonung auf „ChipRAM“? Dazu muss man wissen, dass der Amiga der erste Homecomputer ist, bei dem der Hauptprozessor nicht alles alleine machen muss, sondern es stehen im Coprozessoren (die sog. Custom-Chips) zur Seite. Agnus und Denise könnte man, aus heutiger Sicht, als die Onboard-Grafikkarte bezeichnen. Paula kümmert sich hingegen um die Stereo-Soundausgabe, in 4x 8-bit PCM-Kanälen und um die Steuerung des Diskettenlaufwerks. Diese Coprozessoren haben, zusammen mit dem Hauptprozessor, direkten Speicherzugriff auf das sogenannte ChipRAM. Man könnte dieses also auch als eine frühe Variante unserers heutigen Grafikkarten-Arbeitsspeichers bezeichnen. Neben dem ChipRAM gibt es beim Amiga auch noch das FastRAM, welches hardwareseitig nachgerüstet werden kann. Der Name ist hierbei Programm, denn auf diesen Arbeitsspeichertyp hat nur der Hauptprozessor exklusiven Zugriff. Bis zu 8 MB sind hier möglich, was damals jedoch ein sehr teurer Spaß war. Üblich waren Erweiterungen von 2 MB. Diese werden, wie die meiste Erweiterungshardware ebenfalls, seitlich an den Amiga angeflanscht. Dabei hilft das Auto-Config, quasi ein Vorgänger des Plug&Play: Erweiterungshardware bindet sich vollautomatisch ins Gesamtsystem ein, ohne dass der Anwender irgendwas einstellen oder konfigurieren muss. Dies funktioniert in den meisten Fällen beinahe immer reibungslos. Der Amiga verfügt ab Werk über keine Festplatte. Was nicht verwunderlich ist, denn diese waren mitte der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch eher etwas für den Professionellen Anwendungsbereich und entsprechend extrem teuer. Zum Vergleich: Ein IBM AT konnte mit Festplatte stolze 6000 Dollar kosten, der Amiga hingegen rangierte bei etwa 1300 Dollar. So ist also der Massenspeicher des Amiga die Diskette. Es handelt sich um das weitverbreitete 3,5“ Format in doppelter Dichte. Der PC packt hier 720 KB drauf, der Amiga nutzt sein eigenes, zum PC inkompatibles Dateisystem und schafft 880 KB pro Diskette. Eine besonderheit des ersten Amigas ist, dass er sein Betriebssystem nicht im ROM, also auf einem Chip, gespeichert hat. So muss als erste Diskette immer das sogenannte Kickstart geladen werden, welches die grundlegenden Routinen des Betriebssystems beherbergt. Diese werden in einem speziellen Speicher abgelegt und stehen dann so lange zur Verfügung, bis der Amiga abgeschaltet wird. Dies ermöglicht es verschiedene Versionen des Betriebssystems zu laden. Man kann damit aber auch groben Unfug treiben und etwa Ataris Betriebssystem namens TOS im Amiga starten. Freilich ein Sakrileg, aber es zeigt, dass der Spruch zutreffend ist: „Was ist der Unterschied zwischen AmigaOS und Atari TOS? Na, so ungefähr 4 KB.“ Die grafischen Leistungen des Amigas suchten damals ihresgleichen. Die maximale Auflösung ist, in PAL Fernsehnorm, 640 x 512 Bildpunkte, mit 32 gleichzeitig darstellbaren Farben aus einer Palette von 4096. Alles in Allem ist der Amiga ein Meilenstein der Computergeschichte. Plötzlich war es möglich, ein leicht bedienbares Multimedia-System zu Hause haben zu können. 1994, nach Commodores Pleite, schrieb das Byte Magazin über den Amiga 1000 sinngemäß: Er war der erste Multimedia-Computer. Er war so weit seiner Zeit voraus, dass beinahe Niemand, Commodores Marketing-Abteilung eingeschlossen, im Stande war zu auszudrücken, welche Power in ihm steckte.
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