DRP Audioguide
Thema Amiga 500 Der Bestseller
Spielzeit: 9:01 Minuten Sprecher: Guido Klein
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Der am häufigsten verkaufte Computer der Amiga Familie ist der 500er und er tritt damit, innerhalb der Commodore Geschichte, die Nachfolge des legendären C64 an. Der 500er wurde zum Synonym für die Marke Amiga. Hauptsächlich dürfte dies der Tatsache geschuldet sein, dass er der erste Low-Cost Amiga ist. Der 1000er war, als Initialzündung der Produktreihe, zwar technisch revolutionär, fiel jedoch, mit grob umgerechnet 3000 D-Mark, für einen Homecomputer vergleichsweise teuer aus und verkaufte sich daher nicht sonderlich gut. Auf Deutschland bezogen, Commodores Hauptmarkt nach dem Vereinigten Königreich, ging der 1000er knapp 28.000mal über die Ladentheke. Der 500er hingegen kostete nur rund 1100 D-Mark, also knapp ein Drittel.
Technisch ist der 500er eng verwandt mit dem Amiga 2000-B, für den er der direkte Vorläufer ist. Die gravierendsten Unterschiede, die sich nicht nur im Preis niederschlagen, erkennt man auf den ersten Blick sofort. Während der Amiga 2000 von außen eher aussieht, wie ein ganz normaler Desktop-Computer, mit all seinen Aufrüstmöglichkeiten per Bussystem und Steckkarten, so erscheint der 500er im kompakten Tastaturgehäuse. Auch wenn er nicht auf Erweiterungsfähigkeit ausgelegt wurde, so hat man dies als Option dennoch vorgesehen. Immerhin gibt es an der Seite eine kleine Klappe, hinter der sich der gleiche Zorro-2-Bus verbirgt, wie im 2000er. Doch nur die wenigsten 500er-Käufer dieser Tage dürften von dieser Möglichkeit gebrauch gemacht haben. Warum auch? Der 500er ist doch ein anstandslos funktionierendes System. Die technische Grundausstattung entspricht der des 2000ers. Wir finden auch hier Motorolas 68000er Prozessor, der mit etwa 7 MHz läuft, haben ein halbes MB ChipRAM auf der Hauptplatine verlötet, die Grafikausgabe schafft 640×512 Bildpunkte bei 32 Farben aus einer 4096er Palette, der Sound ist, wie bei allen Amigas, Stereo, 4-8bit PCM Kanäle und der Massenspeicher ist als internes 3,5“ Diskettenlaufwerk mit 880 KB Fassungsvermögen realisiert. Obligatorisch ist die 512KB fassende RAM-Erweiterungskarte, gerne mit batteriegepufferter Echtzeituhr, die im Trapdoor-Slot, einer Klappe an der Unterseite des Amiga, installiert wird. An der Rückseite befinden sich alle Anschlüsse, die beinahe jeder andere Amiga auch aufzuweisen hat. Allen voran freilich die beiden Joyports, an welchen man beispielsweise die Maus angeschlossen hat, gerne aber auch bis zu zwei Joysticks. Daneben gibt’s die Serielle und sie Parallele Schnittstelle, den Diskdrive-Port an welchen externe Diskettenlaufwerke angeschlossen werden können, die Amigas können hier von bis zu 4 Stück verwalten, dann den RGB Port zum Anschluss eines analogen Monitors oder, via Scart-Stecker, eines entsprechenden Fernsehgerätes. Für den Betrieb eines Amigas braucht man also keinen kostspieligen, speziellen Computermonitor, sondern ein simpler Fernseher tut es auch. Im Zubehör konnte man sogar einen sogenannten TV-Modulator erwerben, welcher es ermöglichte den Amiga mittels des terrestrischen Antennenanschlusses an einem Fernsehgerät zu betreiben, wobei die Bildqualität hierbei sehr gelitten hat. Dazu eine kleine Anekdote aus der Entstehungszeit des Amiga 1000: Die Entwickler gingen davon aus, dass die meisten Leute ihren Amiga an einem TV-Gerät mittels TV-Modulator betreiben würden. So besorgten sie sich ein Fernsehgerät und verlangten dabei explizit das grottenschlechteste Modell, welches der Laden im Angebot hatte. Man kann sich die Verwunderung des TV-Verkäufers vorstellen. Mit diesem miesen Fernsehapparat fand man dann heraus, dass die Farben blau, weiß, schwarz und bernstein ideal sind, um auch noch auf dem miesesten NTSC Fernsehgerät ein ausreichend Kontrastreiches Bild darzustellen. So entstanden die ikonischen Farben der ersten Amiga Workbench. Das Netzteil des 500ers ist, wie bei allen anderen Tastaturamigas auch, extern angeordnet. So kann es zu keinem Hitzestau im Computer kommen. Der 500er arbeitet also absolut leise, da kein Lüfter notwendig ist. Versucht doch heute mal einen PC Prozessor ohne Kühlung zu betreiben. Viel Spaß dabei. Auch wenn der 500er der direkte Vorgänger des Profigerätes Amiga 2000 ist und auch durchaus im Stande ist Software laufen zu lassen, die für den 2000er geschrieben wurde, so ging kein Weg daran vorbei, dass aus dem 500er letztlich eine heißgeliebte Spielemaschine wurde. Nicht zuletzt wohl auch deswegen, weil es nun so herrlich einfach ist Raubkop… Verzeihung… Sicherungskopien von Disketten anzufertigen. Es begann ein neues Rennen zwischen den Publishern, welche ihre Disketten mit immer neuen Kopierschutzmechanismen ausstatteten und den Crackern, die eben diese immer wieder aushebelten. Irgendwo dazwischen tummelten sich die Entwickler von speziellen Kopierprogrammen, die Dateisystemunabhängig Disketten klonen konnten. Eine neue Ära des Schulhof-Spieleaustausch-Schwarzmarktes hatte begonnen. Von der Bedienbarkeit her gab sich der 500er beinahe wie eine Spielekonsole. Diskette rein, los geht’s. Kompatibilitätsprobleme waren nicht zu erwarten, denn die Spiele wurden ja explizit auf dieses Hardwaresetup programmiert. Stellenweise wurden aber Spiele so sprichwörtlich hart an der Hardware programmiert, gerne unter kompletter Umgehung des Betriebssystems und unter Missachtung jedweder Programmiervorschriften, dass eben diese Spiele auf neueren Amiga-Modellen nicht mehr lauffähig waren. Spiele, die den 500er berühmt gemacht haben sind etwa Turricane, mit dem grandiosen Soundtrack von Chris Hülsbeck, viele Point and Click Adventures, allen voran Monkey Island, die putzigen, wenn auch vertrottelten Lemmings, Sensible Soccer, Cannon Fodder, Another World, James Pond, Speedball, Marble Madness und ach was weiß denn ich noch was alles. Die grafischen Fähigkeiten des Amiga waren für 2D-Spiele optimal. So machte mehrstufiges parallax-Scrolling keinerlei Probleme und die Option der rotierbaren Farbpaletten sorgten für Effekte, die ihresgleichen suchten. Als Nachfolger für den Amiga 500 brachte Commodore den 500+ heraus, zum etwa selben Preis. Mit modernerem Betriebssystem, mehr Arbeitsspeicher und verbessertem Chipsatz, der höhere Auflösungen ermöglichte und einer batteriegepufferten Echtzeituhr. Klingt gut? Tja, ging nur leider voll in die Hose. Zum einen entsprach der einfache 68000er schlicht nicht mehr der Zeit, immerhin war es schon das Jahr 1991 und zum anderen verzweifelten die Gamer an zuvor genanntem Problem: Ihre hardwarenah programmierten Spiele funktionierten schlichtweg nicht mehr. Nach einem knappen Jahr und in Deutschland nur knapp 80.000 verkauften Einheiten war schon wieder Schluss mit dem 500+. Ein weiterer Wiederbelebungsversuch, diesmal in Form des Amiga 600, schlug ebenfalls grandios fehl, denn auch dieser basierte auf dem einfachen 68000er und war rein technisch beinahe identisch zum 500+. 1991 bis 92 konnte man ihn erwerben, dann war auch für ihn Schluss. 500+ und 600 gelten als zwei der Sargnägel, welche für die Untergang von Commodore sorgten. Vermutlich wollte man zwanghaft an den Erfolg des C64 anknüpfen, der sich technisch praktisch unverändert über beinahe 12 Jahre hinweg verkauft hatte. Bleibt uns also heute nur noch die Nostalgie, wenn wir einen Amiga 500 sehen? Mit Nichten! Es gibt nach wie vor findige Bastler, die Hard- und Software für den 500er entwickeln und somit den Mythos am Leben halten.